Impuls 2022-06

Sini Grau

"Lege mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel auf deinen Arm. Denn Liebe ist stark wie der Tod."
(Hoheslied 8, 6)

Ein Siegel bestätigt und beglaubigt – was ich jetzt sage, das gilt für immer, „mit Brief und Siegel“ stehe ich dafür ein. Das gibt Sicherheit für alles, was ist und was kommt.

So öffnet ein Siegel die Türe in ein Leben voll Verantwortung und Freiheit – wie das alte Siegel von 1897 für die Arbeit der jungen Hebamme. Das Siegel bestätigt ihre Fähigkeiten und macht sie mutig für die Aufgaben, die jetzt auf sie warten. Es gibt ihr Rückendeckung für eine unbekannte Zukunft. Voll Zuversicht und Hingabe kann sie die Arbeit aufnehmen. „Einer steht hinter mir“ – das macht sie mutig und froh und erfüllt sie mit Dank. Das gibt ihr die Fähigkeit, dem grauen Alltag mit seinen Ängsten und Tränen durch liebevolle Zuwendung Farbe zu geben. Immer wieder. An jedem Tag neu. Auch wenn die Situation sich ändert; die Liebe ändert sich nicht.

In der Bibel werden gerne Bilder aus dem alltäglichen Leben verwendet, um das Handeln des unbegreifbaren Gottes in begreifbare Gedanken zu fassen. Das Buch „Hohelied der Liebe“ zeichnet sich dafür besonders aus. Es ist darum nicht verwunderlich, wenn dieses Buch zur Weltliteratur gerechnet wird.

Im Monatsspruch wird Gottes Handeln an uns Menschen beschrieben. Gott erklärt uns schon in der Taufe seine unwiderstehliche Liebe. Sie ist stärker als der Tod, reicht weiter als das unendliche Reich der Toten. Sie ist heiß wie die Glut des Feuers, das nicht verlöscht in der Urflut des Wassers und nicht ausgelöscht werden kann von der Macht der Urströme. Diese Liebe ist uns eingebrannt wie das Siegel auf dem Arm eines Sklaven: Du bist mein Eigentum und ich bin dein Gott. Darum musst du dich nicht fürchten, vor nichts und vor niemand. Vor nichts musst du davonlaufen, denn ich stehe zu dir. Ich erhalte dich. Das ist mein Anspruch und mein Recht, auf das du dich berufen kannst!

Der Apostel Paulus sagt dies in theologischer Wortgewandtheit in seinem Brief an die Christen in Rom, die durch die Zeitumstände verunsichert waren: Ihr Lieben, keine dieser Mächte, keiner dieser Wortführer, kein Ereignis – nichts kann uns trennen von der Liebe Gottes, die durch Christus unter uns lebt. Das betont Paulus in dem Kapitel, in dem er ganz ausführlich von der Taufe spricht: Gott hat sich mit euch verbunden bis in den Tod. Den aber hat Christus besiegt. An diesem Sieg habt ihr Anteil. Mein Siegel auf euren Herzen ist die Garantie für dieses Versprechen. Wer das begriffen hat, für den öffnen sich die Türen zu einem neuen Leben, wie für die junge Hebamme unter ihrem Siegel. Das taucht das Leben in ein neues Licht und verändert die Perspektive auf unsere Welt. Es gibt dem Segen Gottes neues Gewicht.

Zwei Mitarbeiter unserer hessen-nassauischen Landeskirche haben für dieses Neue folgende Worte gefunden:

In deinen Augen kann ich schöner werden als ich bin. In deinen Händen kann ich stärker werden als ich bin. In deinen Armen kann ich freier werden als ich bin. In deinem Wesen kann ich stiller werden als ich bin. In deinen Worten kann ich reifer werden als ich bin, ein Segen, ein Segen!