Corona - biblische Gedanken zur Krise

Autor: Karl Zahradnik

Bei allem, was in den letzten Wochen der Corona-Krise geschehen ist, kann man sich fragen:

  • Warum passiert das alles?
  • Welche Rolle spielt dabei Gott? oder
  • Warum lässt Gott das zu?

Diese Warum-Frage ist uralt. Sie stellt sich dort, wo Menschen schweres Leid erleben und durch Verlust, Krankheit oder Tod in existentielle Not geraten. Eine menschliche Reaktion ist Wut, aber auch tiefes Grübeln und Zweifeln. Das kann hineinführen in Schwermut und Resignation und das Gefühl: „Es hat eh alles keinen Sinn. Es gibt keinen Gott. Und falls es ihn doch gibt, dann hat er kein Interesse an uns und darum kann er mir auch gestohlen bleiben.“

Deshalb ist es zuerst einmal wichtig, festzuhalten: Wer Grund zum Klagen hat, der darf auch klagen. Ja er darf Gott sogar anklagen. Gott lässt sich das gefallen. Ein Teil der Psalmen in der Bibel sind Klagepsalmen, z.B. Ps 13 oder Ps 22. Wir dürfen Gott alle Fragen stellen, auch die Frage: Warum?

Die Antwort darauf ist allerdings nicht einfach. Darum ist es wichtig, dass wir uns ein paar Punkte klar machen. 

  1. Niemand kann die Existenz Gottes beweisen.

Zu beweisen, dass er nicht existiert, ist aber genauso unmöglich. Letzten Endes leben wir immer in Vertrauen auf Dinge, die wir zwar voraussetzen, aber nicht beweisen können z. B. die Liebe meiner Frau. Die Frage ist daher nicht, ob wir vertrauen, sondern auf was und wem wir vertrauen. Es gibt jedoch gute Gründe, an den Gott, der uns in Jesus Christus entgegenkommt, zu glauben.

  1. Für die biblische Überlieferung ist klar: Nichts, was auf dieser Welt geschieht, geht an Gott vorbei.

Nicht ein blindes Schicksal regiert, sondern Gott hat alle Macht. Das wusste auch Jesus. Er hat vor seinem Leiden mit seinem Vater gerungen: „Lass diesen Kelch an mir vorübergehen“ (Mt. 26/39). Aber als dann das Leiden kam, da wusste er: Es ist sein Wille. 

Das ist erst einmal unbegreiflich. Ein Unschuldiger muss so leiden? Die Antwort auf diese Frage kann kein Mensch geben. Die Antwort darauf aber gibt Gott selbst. Es ist eine doppelte:

Erstens: Wir sollen wissen, dass sich Gott nicht von uns distanziert. Gott ist im Leiden da. ER, Gott selbst, hängt da am Kreuz. Jesus ist nicht nur der Mensch, der in seinem „Mein Gott, warum hat du mich verlassen?“ (Mt. 27/46) all die Schreie aufnimmt, die durch alle Jahrhunderte von den gequälten und geschundenen Menschen ausgestoßen wurden. Nein, es ist auch Gott selbst, der in ihm da ist und leidet.

Gott ist da, auch in dem Leid, das uns trifft. Er fühlt mit. Er kennt den Schmerz. Er weiß, wie es ist, wenn Angst und Verzweiflung uns die Kehle zuschnüren. Er kennt das Gefühl, wenn uns die Zunge am Gaumen klebt und man ganz langsam erstickt. Er fühlt und leidet mit.

Zweitens: Wir sollen wissen, dass Gott die Welt nicht zugrunde richtet. Sein Ziel ist es nicht, die Menschen auszurotten. Im Gegenteil. Er will, dass wir leben. Deshalb stirbt er in Jesus lieber selbst. Aber dann kommt der Ostermorgen und in seinem Licht wird deutlich: Nicht der Tod hat das letzte Wort, sondern das Leben. Gott macht seine Schöpfung neu.

  1. Durch die erste Schöpfung geht ein Riss.

Wir leben nicht mehr im Paradies. Wir sind die Nachfahren Kains, der seinen Bruder erschlug und bringen unser Leben „jenseits“ von Eden zu. Unsere schöne Welt, mit allen ihren fantastischen Möglichkeiten, ist keine heile Welt. Manchmal wir sie sogar zum Jammertal. Zu ihr gehören Leiden, Krankheit und auch der Tod. Aber:

  1. Der Tag wird kommen, an dem sie frei wird von der „Knechtschaft der Vergänglichkeit“ (Röm. 8/21).

Es wird einmal keinen Schmerz, kein Leid und kein Geschrei mehr geben und der Tod wird verschwunden sein. Dann wird Gott selbst abwischen alle Tränen (Offb. 21/4). Das ist keine Vertröstung, sondern unsere lebendige Hoffnung durch die Auferstehung Jesu von den Toten.

  1. Diese Hoffnung gibt uns die Kraft, uns nicht nur um unseren eigenen Vorteil und unser eigenes Überleben zu kümmern.

Sie gibt uns den Mut, unserem Nächsten zu helfen und ihm zu dienen. Sie gibt uns die innere Freiheit, gegen Ungerechtigkeit aufzustehen in dem Wissen, dass die Unterdrücker nicht das letzte Wort haben werden und den Geschundenen einmal Gerechtigkeit widerfahren wird.

Darum: Auch die aktuelle Corona-Krise ist nicht eine Strafe Gottes für unser gottloses und oft egoistisches Verhalten, das sehr wohl vorhanden ist. Aber sie kann helfen, zur Besinnung zu kommen. Und sie ist eine Chance, umzukehren und Gott zu vertrauen. Denn Gott hat in Christus alles das getragen, was uns kaputt machen will (Sünde). Seine Liebe ist unerschütterlich. Nichts darf sich mehr zwischen uns und ihn stellen. Kein Wohlstand und auch kein Leiden. Er ist für uns. Ihm zu vertrauen, bedeutet leben. Im Hier und Jetzt mit einer klaren Orientierung und auch in Ewigkeit, mit unendlicher Freude.

  1. Was hilft, dass wir unsere innere Stärke zurückgewinnen und die Zuversicht bei uns wieder wächst?  - Dazu 3 Gedanken:

Erstens:

Eine Seelsorgerin sagte einmal: „Halte Dein Herz an die Sonne!“ Das leuchtet mir ein. Was von der Sonne beschienen wird, bekommt neue Energie und kann wachsen. Das ist bei Pflanzen so, aber auch im übertragenen Sinne bei Menschen. Wo wir unsere Seele dem Lichte Gottes aussetzen, z.B. wenn wir auf biblische Texte oder geistliche Lieder hören, bekommen wir neue Kraft. Worte wie „Fürchte dich nicht, ich bin mit dir; weiche nicht, ich bin dein Gott. Ich stärke dich, ich helfe dir auch, ich halte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit“ (Jes. 41/10) oder Lieder: „Meine Hoffnung und meine Freude, meine Stärke, mein Licht: Christus meine Zuversicht, auf dich vertrau ich und fürcht mich nicht“ (EKG 576) bauen auf und ermutigen.

Zweitens:

Auf den Blickwinkel kommt es an. Bei allem, was uns widerfährt, können wir auf den Mangel sehen, auf das, was uns fehlt. Das macht aber unzufrieden. Hilfreicher ist, was Paulus so formuliert: „Seid dankbar in allen Dingen“ (1. Thess. 5/18) zu sehen. Ich weiß, das fällt uns nicht leicht. Und dennoch können wir diese geistliche Haltung einüben, indem wir ganz bewusst auf das schauen, was uns geschenkt ist. Warum nicht abends den Tag Revue passieren lassen und zehn Dinge aufzählen, für die ich dankbar bin? Das kann der Mensch neben mir sein, das Bett, das Essen oder all die anderen lebensnotwendigen Dinge, auf die ich nicht verzichten muss. Das wahrzunehmen, baut auf.

Drittens:

Wir sind nicht allein. Wir können Hilfe in Anspruch nehmen und wir können anderen helfen. Auch da weiß ich, dass es uns gar nicht so leicht fällt, uns helfen zu lassen. Aber warum denn nur? Es tut doch gut, anderen helfen zu können. Lassen wir uns gerne helfen und stehen wir auch anderen mit den uns gegebenen Möglichkeiten bei. Das stärkt die Verbundenheit und die Gemeinschaft. Das gibt neuen Mut.

Bei all dem lasst uns nicht vergessen, von dem es in Ps 62/9 heißt: „Hoffet auf ihn allezeit, liebe Leute, schüttet euer Herz vor ihm aus; Gott ist unsere Zuversicht“.

Amen