Jahreslosung 2025 Prüfet alles und behaltet das Gute
Karl Zahradnik
Liebe Schwestern und Brüder!
Die Jahreslosung für das Jahr 2025, „Prüfet alles und behaltet das Gute“, aus 1. Thessalonicher 5/21 ist kurz und prägt sich daher leicht ein. Als Übersetzung wurde die ökumenische Einheitsübersetzung gewählt. Die Lutherübersetzung ist gleichlautend, enthält aber ein weiteres Wort: „Prüft aber alles und das Gute behaltet“.
Paulus hat die Gemeinde in Thessaloniki auf seiner 2. Missionsreise gegründet. Den Brief schreibt er vermutlich wenige Monate später im Jahr 50 oder 51 von Korinth aus. Der Brief wird als der älteste Paulusbrief angesehen. Paulus hatte in der Synagoge an drei Sabbaten gepredigt und eine ganze Reihe von Menschen zum Glauben an Jesus Christus bewegt.
Die Synagogengemeinde der Juden in Thessaloniki war von diesen Vorkommnissen nicht begeistert und zettelte einen Aufruhr an. Die Christinnen und Christen sowie Paulus und Silas sind Feinde des Kaisers, da sie sich zu ihrem König, Jesus Christus, bekennen. Die christliche Gemeinde in Thessaloniki wurde verfolgt, Paulus und Silas mussten fliehen.
Durch die Verfolgung und Flucht hatten Paulus und Silas nicht viel Zeit für die Verkündigung des Glaubens in Thessaloniki. Das alles passierte etwa zwanzig Jahre nach der Kreuzigung und Auferstehung Jesu. Es gab weder die Evangelien noch ein neues Testament. All das war noch nicht geschrieben, da die Menschen in der Erwartung lebten, dass Jesus bald wiederkommen würde um dann das Reich Gottes hier aufzurichten. Wozu also große Schriften verfassen, die man als Glaubenslehrbücher weitergeben kann, wenn doch bald das himmlische Reich anbricht. Natürlich gab es Berichte und Erzählungen, aber die wurden von Menschen wie Paulus und Silas weitergetragen. Aber die waren nicht mehr in Thessaloniki. Wie konnte es also in der jungen Gemeinde weitergehen?
Paulus versuchte trotz aller Hindernisse, den Kontakt zur Gemeinde in Thessaloniki zu halten. Das ging über Boten, wie Timotheus. Paulus erfuhr so etwas über die Gemeinde und ihn erreichten Fragen. So lobt er in seinem Brief die Gemeinde, nimmt zu den Fragen Stellung, fasst am Schluss alles in einer Ermahnung zusammen: „Unterdrückt nicht das Wirken des Heiligen Geistes. Missachtet die prophetische Rede nicht. Prüft aber alles und behaltet das Gute. Haltet euch vom Bösen fern“ (1. Thessalonicher 5/19-22). Es ist ein Wunder, dass nach dieser kurzen Zeit eine Gemeinde, die verfolgt wurde, entstand und weiter bestand.
Die Jahreslosung „Prüfet alles und behaltet das Gute“ fordert uns auf zu prüfen und dann auszusortieren, uns von einigen Dingen zu trennen und anderes zu behalten. Neben den alltäglichen Entscheidungen gibt es auch noch Entscheidungen, die mein Leben in eine bestimmte Richtung lenken: Berufswahl, Partnerschaft, Kinder Wohnorte, Arbeitsplatz etc. Wenn wir uns für etwas entscheiden, entscheiden wir uns gleichzeitig gegen vieles andere. Es braucht Mut zu entscheiden.
Es geht darum, die richtige Auswahl zu treffen. Wenn z.B. Abraham seinen Neffen Lot nach einem Streit um die Weideplätze die Auswahl lässt zwischen der wasserreichen Jordansenke und dem kärglichen Land im Westen, dann lesen wir dort, das Lot das Angebot prüft und sich für die attraktivere Landschaft in der Nähe von Sodom entschied. Eine durchaus menschliche Entscheidung (1. Mose 13/1-13).
Wie anders Gott wählt und Entscheidungen trifft, wird uns an anderen Stellen der Bibel deutlich, bei der Berufung Davids. Samuel wird beauftragt einen neuen Thronfolger zu suchen und ihn zum König zu salben. Bei seiner Auswahl unter den Söhnen Isais mahnt ihn Gott ausdrücklich von den gängigen Maßstäben abzuweichen. Bei dem Sohn Eliab sagt Gott zu Samuel: „Sieh nicht an sein Aussehen und seinen hohen Wuchs; ich habe ihn verworfen. Denn nicht sieht der Herr auf das worauf ein Mensch sieht. Ein Mensch sieht was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an“ (1. Sam. 16/7).
Das Prüfen muss an irgendeiner Stelle enden und dem Vertrauen weichen. Ich muss sagen: Ich habe genug geprüft und vertraue nun, dass diese Entscheidung die richtige ist. Unser reines Denken kann uns niemals alle Fragen beantworten. Wir müssen im Vertrauen auf Gottes Beistand hoffen, dass er uns hilft die richtige Entscheidung zu treffen.
Zur ethischen Entscheidungsfindung gehört das Gespräch mit Gott, die Bitte um Weisheit (Jakobus 1/5) und das Gebet um den Heiligen Geist (Luk. 11/13b, Joh. 16/13).
Bei weitreichenden Entscheidungen kann auch folgende Übung sehr hilfreich sein: Auf einem Blatt werden alle positiven und negativen Folgen einer Entscheidung für dich und für andere gesammelt. Anschließend wird bewertet, was davon wirklich wichtig ist. So kommst du ganz rational zu einer guten Abwägung.
Und trotzdem gilt: Vertraue auch deiner Intuition. Denn auch das sogenannte „Bauchgefühl“ gibt uns wichtige Hinweise auf eine gute Entscheidung. Und auf beide Weisen, durch Verstand und Herz, kann Gott zu uns sprechen.
Gott hilft uns, Entscheidungen zu treffen – indem er bedingungslos zu uns steht und auch Umwege mitgeht. Aber er nimmt uns Entscheidungen nicht ab. Aufgeschobene Entscheidungen sind blockierender und frustrierender als (vermutlich) falsche Entscheidungen.
Bei der Auslegung der Jahreslosung empfiehlt es sich zu 1. Thessalonicher 5/21: „Prüfet alles und behaltet das Gute“, auch den Vers 22 mit zu betrachten: „Meidet das Böse in jeder Gestalt“. Die Schwere des Bösen wurde uns in der vergangenen Zeit öfters vor Augen geführt. Wenn wir sie verdrängen, werden wir das Gute in seiner ganzen Größe und Bedeutung nicht einschätzen können.
Wer soll entscheiden? In Thessaloniki ist die gesamte Gemeinde gemeint. In dieser Gemeinde soll im Vertrauen auf die Leitung des Heiligen Geistes geprüft werden, was gut und daher festzuhalten und was böse und daher fernzuhalten sei.